Leider falsch
Vielleicht klappt es beim nächsten Quiz.
Die Stadt R beschafft für die Mitarbeiter der stadteigenen Müllabfuhr Allwetterkleidung. Um die Wasserdichtheit sicherzustellen, wird als technische Produktspezifikation festgelegt, dass die zu liefernde Kleidung nach einem bestimmten Baumusterzertifikat (oder gleichwertig) zertifiziert sein muss. Ist die Auftraggeberin verpflichtet, jedes Angebot auf die Erfüllung dieses Kriteriums zu prüfen?
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Erklärung
Beim Baumusterzertifikat handelt es sich um eine technische Produktspezifikation und damit eine vom Auftragnehmer zu erfüllende Mindestanforderung. § 106 Abs 1 BVergG 2018 legt zwar fest, dass technische Spezifikationen allen Bietern den gleichen Zugang gewähren müssen, geht aber auf die Überprüfung dieser nicht explizit ein. Art 67 Abs 4 der RL 2014/24/EU hält fest, dass bei Zuschlagskriterien im Zweifelsfall eine wirksame Überprüfung der Nachweise vorzunehmen ist. Ein bei Zuschlagskriterien bestehender Gestaltungsspielraum des Auftraggebers muss bei bloßen Mindestanforderungen noch viel eher gelten (Fokus des Vergabewettbewerbs liegt bei den Zuschlagskriterien). Es lässt somit bereits der Wortlaut der Richtlinie darauf schließen, dass eine Überprüfung des Vorliegens der Mindestanforderungen nicht bereits grundsätzlich erforderlich ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.04.2024 – Verg 24/23).
Eine Pflicht, die Einhaltung aller technischen Voraussetzungen zu überprüfen, würde zudem wohl den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit widersprechen. Man stelle sich vor, ein Auftraggeber legt für ein Produkt eine spezifische Materialzusammensetzung fest. Es bedürfte in den meisten Fällen wohl einer chemischen Analyse des Produkts, um festzustellen, ob das Material tatsächlich die Anforderungen erfüllt. Eine so weitgehende Prüfpflicht kann dem Auftraggeber nicht zumutbar sein.
Bestehen jedoch Zweifel an der Einhaltung der technischen Spezifika ist eine Prüfung erforderlich. Eine Pflicht zu Prüfung der Mindestanforderungen besteht außerdem dann, wenn in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt wurde, dass eine Überprüfung vorgenommen wird (VwGH 20.05.2010, 2007/04/0072).